CyclingClaude

Vätternrundan 2015

Schweden zum sechsten

IMG_92372014 hatte ich Vätternrundan-Jubiläum: meine 5. Runde. Das ist schon etwas besonderes. Statt der normalen bronzenen Medaille erhält man beim fünften Mal eine etwas größere, mit einer 5.

Diese Medaille wollte ich mir damals keinesfalls entgehen lassen – und wenn ich auf den Brustwarzen ins Ziel gekommen wäre.

Dass es dann sogar eine Brutto-Zeit unter 10 Stunden gab, die Schweden nennen das Sub-10, war sensationell. Nie hätte ich gedacht, diese 9:55h herausfahren zu können.

Sub-10 um den See zu kommen, dieses Ziel hatte ich also abgehakt und nahm mir für 2015 vor, locker zu fahren. Entsprechend hatte ich trainiert. Nicht zu wenig und nicht zu schlecht, aber auch nicht so konsequent wie im Jahr davor.

Bildschirmfoto 2014-11-03 um 22.22.29Zwei Jubiläen gab es allerdings auch 2015:

Es war die 50. Vätternrundan und ich hatte 50. Geburtstag. 50 und 50 – das passte ja irgendwie, auch wenn die Vätternrundan 1966 das Licht der Welt erblickt hatte und ich bereits 1965.

Erstaunlich ist übrigens, dass es beim 50. Jubiläum immer noch drei Teilnehmer gab die schon 1966 dabei waren und seither alle 50 Runden gefahren sind. Hut ab!

Wenn ich mit über 70 noch um den ollen See fahren kann, dann bin ich mehr als zufrieden. Aber bis dahin ist ja noch ein wenig Zeit.

Mein 50. Geburtstag

IMG_5224… hatte sicherlich Auswirkung auf den Rennverlauf.

Am Tag vorher war ich den Halbvättern gefahren und förmlich von der Strecke gepustet worden. Abends war ich dem entsprechend platt. Ich schaffte es kaum bis Mitternacht. Im Vorzelt sitzend, bei Eierlikör, Túnel und einigen Bierchen, war ich kurz nach dem Geburtstagsständchen von Jens, Jenny, Stefan und Thomas ‚bettfertig‘.

Fit für die Party 🙂

Am nächsten Abend saßen wir zusammen und ließen es krachen. Auch die Freunde von Rügen waren da, die ich vor Jahren genau hier, hinter dem Tor des Trainingsplatzes der BK Zeros, kennen gelernt hatte.

Nur Jenny und Jens konnten nicht kommen. Sie waren schon auf dem Rückweg nach Deutschland.

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Die nächsten Abende wurden nicht anders. Schließlich hatten wir genügend Schnaps- und Bier-Vorräte.

Tagsüber waren wir meist mit dem Rad unterwegs, unter anderem nach Medevi Brunn, wo wir, in Tour-de-France-Manier, die Straße verschönerten.

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Ich malte mir aus, wie ich zwei Tage später diesen Anstieg erklimmen würde, motiviert von unserer ‚Straßenkunst‘, um dann mit Vollgas die letzten 23 km ins Ziel zu fliegen.

Aber ich hatten die Rechnung ohne den Wirt gemacht, der mit Schnaps und Bier allzu spendabel war.

Die Vätternrundan

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Wir hatten gutes Wetter, auch wenn immer wieder Regenwolken vorüber zogen.

Mein Rad war mittags schon fit. Kameras vorne und hinten (das Video findet Ihr unten), Licht selbstverständlich und 1,75 ltr. Getränk. Erfahrungsgemäß reichen mir zwei Flaschen locker bis zum Wasserdepot bei 148 km.

Bis auf einen Riegel verzichtete ich auf feste Nahrung. Mit zwölf Gels wollte ich auskommen.

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Unsere Startzeit war 1:34 Uhr in der Früh. Stefan, Thomas und ich waren rechtzeitig am Start und genossen die angespannte Atmosphäre des Starter, die im selben Zeitfenster aufbrachen.

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Wie jedes Jahr verspürte ich ein mulmiges Gefühl in der Magengegend und hoffte, dass alles gut geht. Schließlich muss man auf 300 km zehn bis zwölf Stunden fit und hoch konzentriert sein.

Stefan traf am Start einige Leute, die er aus Frankfurt kannte. Die starteten witziger Weise mit uns aus demselben Startblock.

Vom Start weg fuhren wir ein gutes Tempo, getrieben von Stefan, der unbedingt bei einer Frankfurter Dame am Hinterrad bleiben wollte. Die Frau fuhr schnell und ich wunderte mich ein wenig, Allerdings fuhr sie schon beim ersten Depot raus. Deshalb weiß ich nicht, ob sie das so durchzog.

Danach fuhren wir in guten Gruppen und mussten nur einmal kurz stoppen. In einer Abfahrt verlor vorne jemand Material, ich vermute eine Pumpe, die metallisch scheppernd unter mein Vorderrad und Tretlager kam. Ich wusste erst nicht genau, was los war und hatte das Gefühl, dass mein Rad beschädigt sein könnte. So fuhr ich rechts ran. Allerdings war da nichts. Blöder Weise waren wir damit aus der Gruppe heraus gefallen und mussten zu dritt Tempo machen. Gut 20 km benötigten wir um Anschluss zu gewinnen. Das war ziemlich anstrengend. Etwa auf Höhe Husqvarna fuhren wir an einem Anstieg wieder an eine Großgruppe heran.

Mittlerweile war es ziemlich kalt geworden. Ich fror ein wenig, denn ich hatte relativ wenig an. Schließlich war für den kommenden Tag warmes Wetter angesagt. Aber noch war es Nacht und mit sieben Grad ziemlich frisch. Wenigstens war es nicht so windig wie in den Jahren zuvor und trocken blieb es auch.

Herrlich war die Abfahrt nach Jönköping. Nach frühem Sonnenaufgang ging es flott durch die Stadt und an der Westseite des Sees Richtung Norden.

Länger blieben wir in einer Großgruppe, die ziemlich unrund fuhr. Manchmal bremsten sie so stark, dass ich mehrfach knapp das Hinterrad des vor mir fahrenden touchierte. Einmal passierte das, als ich gerade ein Gel aufgerissen hatte. Rechts das Gel in der Hand, mit links scharf bremsend, spitzte die Flüssigkeit aus dem Beutel und alles war ziemlich klebrig.

Wir setzten uns irgendwann mit zwei Deutschen ab, die schneller waren als die Gruppe. In der neuen Fünfer-Gruppe lief es gut, mir aber zu schnell. Allerdings waren es nur noch etwa 10 km bis zum Wasserdepot, wo wir planmäßig raus wollten. Die zehn Kilometer hatten es aber in sich. Die Gruppe ballerte ziemlich und ich merkte, dass das nicht gut war.

Thomas hingegen war voll bei Kräften und dachte gar nicht daran, raus zu fahren. Stefan und ich riefen ihm hinterher, entschieden uns aber, Wasser aufnehmen zu wollen (und zu entsorgen).

Nun waren wir also nur noch zu zweit. Schnell hatten wir die Flaschen aufgefüllt und ein Gel rein gezogen.

Aus dem Depot raus hatten wir mächtig Glück. Wir erwischten sogleich eine Gruppe., die mir aber auf Dauer zu schnell fuhr.

Bis Hjo, bei km 178 blieb ich dran. Dann musste ich entkräftet abreißen lassen. Stefan fuhr aber wie entfesselt. Obwohl er wesentlich weniger Jahreskilometer in den Beinen hatte, wollte er dran bleiben. So trennten wir uns.

Auf mich alleine gestellt fuhr ich mein Tempo. Schneller als die meisten anderen, aber nicht in der Lage, eine passende Gruppe zu finden, kämpfte ich mich voran.

Ab km 200 kamen dann die ersten Krämpfe. Zwar hatte ich noch Kraft, aber die Muskeln machten zu, sobald ich Druck aufs Pedal gab. Schnaps und Bier sagten Dankeschön!

So fuhr ich von Kilometer zu Kilometer, und tastete mich immer wieder an den Punkt, an dem die Wade zu machte oder es im Oberschenkel stach.

Trotzdem fuhr ich so schnell es ging. An eine Pause war nicht zu denken, denn ich war immer noch auf einer für mich sensationellen Endzeit unterwegs.

Ich war erleichtert, als ich die Hammersund-Brücke überquert hatte, wusste aber auch, dass nun das brutalste Stück auf mich wartete. Etwa 25 km geht es von hier nämlich auf und ab, bis die Strecke irgendwann rechts nach Medevi Brunn abbiegt.

Der Gegenwind war heftiger geworden und mit Windschattenfahren war nicht viel. Es war immer noch kühl und ich wunderte mich, wie manche Schwedin in kurz/kurz unterwegs sein konnte.

Irgendwann war dann auch dieses Teilstück geschafft und es begann der Anstieg nach Medevi. Nichts war mit Hochfliegen. Ich kroch quasi die Steigung nach oben. Aber ich freute mich dennoch, unsere Namen auf dem Asphalt zu lesen.

Jetzt waren es noch 23 km und ich war richtig fertig. In der Hoffnung auf einen schnellen Zug, so wie im Vorjahr, quälte ich mich weiter. Oft hing ich am Hinterrad eines Schweden, den ich nach kurzer Zeit immer wieder stehen ließ, bis er nach einigen hundert Metern, wieder zurück war. Auf eine schnelle Gruppe wartete ich jedoch vergebens.

Aber ich hatte die Uhr im Auge. Hochgerechnet glaubte ich, eine 9:30h schaffen zu können; eine für mich sensationelle Zeit, die ich dem Umstand verdankte, dass ich die ersten 178 km viel zu schnell unterwegs gewesen war.

Auf Höhe unseres Campingplatzes, also etwa drei Kilometer vor dem Ziel, war jeglicher Schmerz vergessen. Die Strecke war mir ja hinlänglich bekannt. Durch den Kreisel, das Industriegebiet entlang, 90 Grad Linkskurve, 90 Grad rechts rum, 50 Meter bergab, 90 Grad nach links … Zielgerade.

9:28h war schließlich meine Bruttofahrzeit. Fantastisch! Auch wenn ich ohne fremde Hilfe kaum vom Fahrrad absteigen konnte.

Wie war das also mit der Genussrunde zum 50.? Die muss wohl bis 2016 warten.

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Nachdem ich meine Medaille hatte, nahm ich per Whatsapp Kontakt zu Thomas auf. Der Glückliche war mit einer Bombenzeit von 9:10h ins Ziel gekommen.

Stefan trafen wir übrigens auch gleich. Er hatte 9:35h gebraucht, weil er am letzten Depot noch einmal raus musste.

Auf der Straße sitzend gab es dann erst einmal ein wohlverdientes Bier.

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