UCI verbietet Scheibenbremsen bei Straßenrennen
Mit einer Pressemitteilung vom 14.4.2016 informiert die UCI, dass Scheibenbremsen bei Straßenrennen nicht mehr erlaubt sind.
Auslöser ist die schlimme Verletzung von Francisco Ventoso, verursacht durch eine Scheibenbremse, bei der 2016er Ausgabe von Paris-Roubaix.
Scheibenbremsen waren im professionellen Peloton, nach ersten Tests in 2015, erst für die Saison 2016 zugelassen worden.
Scheibenbremsen bei Jedermannrennen erlaubt?
Das ist die Frage, die ich mir heute stelle, aber nicht beantworten kann.
Die Materialvorgaben der UCI betreffen eigentlich nicht nur die Profis, sondern gelten nach meiner Lesart generell für Straßenrennen.
Wenn dem so ist, wundert es, dass schon in den vergangenen Jahren Starter mit Scheibenbremsen bei Jedermann-Straßenrennen gesehen wurden.
Gelten die UCI-Vorgaben hier nicht?
Ich habe mir die Teilnahmebedingungen bzw. Reglements der zehn Rennen des German Cycling Cup 2016 angeschaut.
Interessant ist, dass im jeweiligen Reglement meist auf die ‚Materialbestimmungen des BDR‘ verwiesen wird.
Die Veranstalter, die in ihrem Reglement nicht auf die Materialbestimmungen des BDR verweisen, unterwerfen sich diesen Bestimmungen indirekt aber doch. Für Rennen des German Cycling Cup gelten nämlich außerdem die Bestimmungen des German Cycling Cup … die wiederum, wer hätte es gedacht, die Materialbestimmungen des BDR vorschreiben.
Der BDR wiederum verweist bei den Materialbestimmungen für ein RENNRAD ‚grundsätzlich (auf) die entsprechenden Bestimmungen der UCI‘.
Ergo müssten auch bei Jedermannrennen des German Cycling Cup nunmehr Scheibenbremsen verboten sein.
So einfach ist es aber nicht. Viele Veranstalter beschränken das Rennen nicht auf Rennräder. Auch andere Fahrräder, wie bspw. MTB oder Cyclocross-Räder sind erlaubt.
Wie bei diesen Rädern die Materialbestimmungen des BDR lauten, weiß ich nicht.
Allerdings bezieht sich die UCI beim Verbot von Scheibenbremsen nicht auf Rennräder, sondern auf Straßenrennen.
Demnach dürften ab sofort bei Rennen des German Cycling Cup weder Rennräder, noch andere Räder mit Scheibenbremsen erlaubt sein.
Ob das wirklich so ist, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Vielleicht bin ich ja komplett auf dem falschen Dampfer?
Allerdings frage ich mich, ob ein Jedermann-Veranstalter in Deutschland in Zukunft seine Starter der Gefahr von schweren Schnittverletzungen aussetzen möchte. Nach Paris-Roubaix 2016 dürfte die Antwort auf der Hand liegen.
#CyclingClaude hat nachgefragt
Ich habe alle zehn Veranstalter der diesjährigen GCC-Rennen angefragt und warte auf Antwort. Ich bin gespannt.
Sobald ich Antworten habe, werde ich hier im Blog informieren.
Soviel ich weiß waren die Scheibenbremsen nur im Pro-Peloton zugelassen. Die Amateure sollten 2017 folgen. Als ich im November über die Einführung geschrieben habe, konnte ich das entsprechende Papier der UCI auf deren Seite nicht finden. Aber alle Berichte anlässlich der Einführung der Scheibenbremsen nannten immer nur das Pro-Peloton.
Interessant, Boris. Demnach waren Scheibenbremsen bei allen ‚Nichtprofirennen‘ sowieso noch nie erlaubt?
Es gibt Jedermannteams und Einzelstarter, die scheint das nicht zu kümmern.
Ich habe nochmal schnell gesucht. Es ist tatsächlich so, dass Scheibenbremsen ausserhalb von Profirennen nicht erlaubt sind. Aus deutscher Sicht gelten zunächst die Duchführungsbestimmungen Straße des BDR:
(http://www.rad-net.de/html/verwaltung/reglements/wb-strassenrennsport_04-2016.pdf).
In Artikel 4. Rennräder, 4.1 Allgemeine Bestimmungen wird auf die UCI Bestimmungen verwiesen.
In dem „CLARIFICATION GUIDE OF THE UCI TECHNICAL REGULATION“ vom 15.01.2016 heißt es in Artikel 1.3.009 „Disc brake systems are prohibited in road events.“ (http://www.uci.ch/mm/Document/News/Rulesandregulation/16/51/61/ClarificationGuideoftheUCITechnicalRegulation-15.01.2016-ENG_English.pdf).
Die Ausnahme davon war diese Bekannmachung vom 30. November 2016 http://www.uci.ch/pressreleases/the-uci-continue-disc-brake-trials-206/ , dort heisst es:
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After extensive discussions with its stakeholders, the UCI has decided to allow the use of disc brakes by riders across all divisions of UCI professional road teams:
• UCI WorldTeams
• UCI Professional Continental Teams
• UCI Continental Teams
• UCI Women’s Teams.
The use of disc brakes will be carefully monitored throughout the year with a view to definitively allowing them to be used in professional road cycling from 2017.
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Von einer Freigabe ausserhalb des Profisports war demzufolge nie die Rede. Wenn sich Veranstalter an das Reglement des BDR anlehnen, sind Scheibenbremsen m.E. ganz klar nicht erlaubt. Eine andere Frage ist es, wenn die UCI Bestimmungen nicht gelten, z.B. bei Radmarathons oder Gran Fondos. Dort ist es dem Veranstalter überlassen eigene Bestimmungen zu setzen. Ich bin mir sicher, dass der Wettkampfausschuss mich bei Lizenzrennen nicht starten lassen, mich aus dem Rennen nehmen oder mich hinterher disqualifizieren würde, je nach dem, wann es auffällt.
Danke Boris. Du scheinst recht zu haben. Der erste Veranstalter hat sich gerade dazu geäußert. Es sieht nicht gut aus für die Scheibe.
Ich glaube hier wird der BDR eine Ausweichregelung finden, sofern das überhaupt notwendig ist. Beim Gewicht wird ja auch nicht ständig jedes Rad gewogen und jemand mit 6,5kg rausgeschmissen, oder?
Die Gefahren sollen ja insbesondere in dem engen Fahrerfeld und der hohen Geschwindigkeit liegen – wenn nun um die goldene Ananas beim Freizeitrennen genauso gefightet wird wie im Profipeloton am Arenberg, dann gute Nacht.
Na ja, der GCC ist ja nicht die ‚goldene Ananas‘ und zu Stürzen kommt es auch vorne, nicht nur im Mittelfeld oder hinten.
Also jetzt mal Tacheles!
Ich finde es wirklich interessant, wie vorschnell geurteilt wird. Messerscharf…?!?
Wer hat den Bericht vom Ventoso eigentlich gelesen? Er hatte es nicht mal mit bekommen wogegen er gefahren ist, behauptet aber steif und fest es wäre eine Scheibenbremse gewesen. Dazu meinte er wäre auf ein stehendes Rad aufgefahren… Dabei wurde das linke Bein verletzt… Das funktioniert so aber nicht. da muss man sich schon arg verrenken um sich mit dem linken Bein zu verletzen, da die Bremsscheibe sich ja nun mal auf der linken Seite befindet. Ergo wäre eine Verletzung am rechten Bein eher plausibel gewesen… Nun ist dieses aber unverletzt. Meines Erachtens spricht alles dafür, dass er sich entweder am Kettenblatt verletzt hat oder an den Messerspeichen…
Also aufgrund einer wagen Aussage ohne jeglichen Beweis gleich etwas wieder verbieten… Ehrlich gesagt m.E. eine krasse Überreaktion der UCI, da die Schilderungen nicht mal ansatzweise plausibel sind.
Wie auch immer… Eigentlich müssten konsequenterweise jetzt auch Scheibenbremsen bei MTB- und Cyclocrossrennen mit Massenstart verboten werden. Die Problematik bei den ersten Kilometern ist die gleiche wie bei einem Straßenrennen, wenn gar nicht noch gefährlicher, da jeder als erstes auf dem Singletrail sein will und entsprechend riskant gefahren wird.
Für mich ein absoluter Rückschritt in das letzte Jahrhundert, liebe UCI!…
Hallo Nicki,
das ist in der Tat interessant, aber in dieser großen Aufregungsmaschine, die das Internet nun mal ist, bleibt selber denken auf der Strecke. Ein sehr interessanter Post mit der gleichen Überlegung die Du angestellt hast ist auf road.cc erschienen: http://road.cc/content/tech-news/186146-have-disc-brakes-really-led-injuries-peloton Dort wird auch widerlegt, dass die Verletzung von Nicolas Maes von einer Scheibenbremse verursacht wurde. Ganz einfach weil bei seinem Sturz weit und breit kein Rad mit Scheibenbremse in Sicht war.
Ich bleibe dabei, in einigen Jahren wird die Scheibenbremse Standard sein und man wird über die Diskussionen von heute nur müde lachen.
Beste Grüße
Boris
Hallo Boris,
um noch mal auf den Ventoso zurückzukommen. Ich denke einfach, dass sein Kopf ihm ein Streich gespielt hatte. Er ist keinesfalls ein Lügner, und seine Verletzungen sind wirklich schlimm, sondern seine Erinnerungen sind aufgrund des Schocks erheblich getrübt, oder verfälscht.
Ich habe ein ähnliches Erlebnis letztes Jahr machen müssen, dass ich mich beim besten Willen nicht mehr an den genauen Vorgang bei einem Unfall erinnern konnte. Obwohl ich bei vollem Bewusstsein war, ist der eigentliche Unfallvorgang ausgeblendet, so dass ich keinerlei Aussage machen konnte, wie es zu dem Unfall überhaupt kam. Nach meinen Kenntnissen ist das eine Schutzreaktion des Körpers…
P.S. Ich finde es blamabel von der UCI das irgendetwas vollkommen ohne Beweise, ja gar aufgrund einer wagen Aussage entscheiden wird.
Viele Grüße und schönes Wochenende.
Niki.